Was ist ein Erfinder? Die Antwort darauf, so scheint es, bereitet keine Schwierigkeiten. Ein Erfinder ist nach landläufiger Meinung jemand, der sich nützlich macht, weil er Geräte ersinnt, mit deren Hilfe die Menschen den täglichen Überlebenskampf besser bestehen können. Unter den kreativen Geistern gilt er als Philister und Nützlichkeitskrämer, der nur das eine Ziel verfolge: den Widerwärtigkeiten, welche sich der Befriedigung der elementaren Bedürfnisse von Nahrung, Kleidung und Wohnung entgegenstellen, etwas von ihrer Macht zu entreissen. Waffen, Weberei, Töpferei, und vielerlei andere Errungenschaften früher Kulturen wären ohne die Notwendigkeit des Kampfes gegen die menschenfeindlichen Kräfte der natürlichen Umwelt nie entstanden. Dennoch, der blosse Kampf ums Dasein als einzige Erklärung für die schöpferische Kraft des Erfinders, reicht nicht aus. Was sollen wir damit anfangen, wenn es etwa gilt, für das Wunderwerk der mechanischen Ente des Appenzellers Joh. Bartholome Rechsteiner oder die Sprechmaschine aus der Werkstatt Edisons einen einleuchtenden Grund zu finden? Mit Recht weist Levis Mumford darauf hin, dass der erste Mensch, wäre es ihm nur ums überleben gegangen, mit einer Ausrüstung hätte bestehen können, «die nicht besser war, als die seiner unmittelbaren hominiden Vorfahren». Auch wenn der Erfinder sich der Zweckmässigkeit verschrieben hat, treibt ihn letztlich eine Absicht, die mit den Kategorien des rein biologisch verstandenen Überlebens nicht ausreichen zu deuten ist. Nahrungssorge und Herrschaft über die Natur sind Motive, die nicht kin der Tiefe der Erscheinung reichen. Technische Neuerungen, Erfindungen und Pionierleistungen aller Art, auch wenn ganz handfesten Zwecken dienstbar, sind Manifestationen von Wünschen, welche über das rein Organische hinausweisen. Als «maschinenmachendes Tier» verwirklicht sich der Mensch im Überschreiten der natürlichen Grenzen. Träume und Sehnsüchte öffnen nur ihm zugängliche Räume, die keine Ruhe lassen, bis sich nicht erobert sind. (...)